Friday 8 January 2010

Hoffen auf den Mythos England



Nach der Räumung des größten Flüchtlingscamps "Jungle" hält in Calais der Zustrom von Migranten an - wie auch die Repression der Behörden. VON TOBIAS MÜLLER, taz
http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/hoffen-auf-den-mythos-england/

Zurückgeblieben ist ein Standbild. Eine bizarre Brache von der Ausdehnung mehrerer Fußballfelder. Was nach dem Fällen der Bäume noch übrig war, wurde planiert. Die Spuren der Bulldozer haben sich tief in den Boden gegraben, über Schlafsäcke und Decken, die im feuchten Sand vor sich hin schimmeln. Zerknüllte Hosen, Pullover und einzelne Schuhe liegen auf dem matschigen Grund. Auch Matratzenspiralen finden sich zwischen Brettern und Plastikplanen, und jede Menge Abfall. Ein Busdepot, ein Elektrizitätswerk und ein paar Lagerhallen säumen das Gelände in der Zone Industrielle des Dunes unweit des Hafens. Seit Monaten bewegt sich hier nichts mehr.

Auf einmal kommt Leben in die eingefrorene Szene. Unvermittelt taucht eine Gestalt aus dem Gebüschstreifen am Rand auf. Sie trägt Jogginghose, einen Parka und eine dunkelblaue Mütze. Der Afghane wohnte früher hier, im Jungle, dem größten der elenden Flüchtlingscamps unter freiem Himmel, für die Calais berühmt wurde. Sein Gesicht ist zerfurcht, über 40 Jahre ist er alt, doppelt so alt wie die meisten hier, und anders als sie spricht er nur brüchiges Englisch. "Finished", sagt er, und weist auf die Ödnis um sich. Mit einer scharfen Handbewegung deutet er den Bulldozereinsatz an und zuckt die Schultern. Dann schlurft er weiter, überquert die Straße und verschwindet dahinter in einem Waldstück. Dort wohnt er jetzt.

Es ist eine Szene mit Symbolkraft. Die groß angelegte Räumungsaktion des Jungle, in dem im Sommer noch um die tausend meist afghanische Migranten unter erbärmlichen Bedingungen lebten, holte im September die Weltpresse in die Hafenstadt am Ärmelkanal. Sie wurde Zeuge einer öffentlichen Inszenierung: Die französische Regierung wollte klarstellen, dass es ihr von nun an ernst sei mit der Bekämpfung der Transitmigration nach Großbritannien. Knapp 300 Menschen wurden nach offiziellen Angaben festgenommen, Einwanderungsminister Éric Besson klopfte sich für den erfolgreichen Schlag gegen Schlepperbanden vor laufenden Kameras selber auf die Schulter und kündigte an, Calais werde bis zum Jahresende "wasserdicht gegen illegale Einwanderung".

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Zwar sind mehrere hundert Transitmigranten in Paris untergetaucht, andere haben sich über die Küste verteilt, nach Dunkerque, Boulogne und bis herunter nach Cherbourg, um von dort versteckt auf einem Lkw mit der Fähre oder dem Eurostarzug die andere Seite des Kanals zu erreichen. Doch bereits am Abend nach der Zerstörung des Jungle trafen neue Flüchtlinge in Calais ein. Zu Beginn des Winters sind es rund 300. Ihre Hoffnung auf Asyl oder wenigstens Schwarzarbeit und wenig Ausweiskontrollen mag der dortigen Realität immer weniger entsprechen. Doch der Mythos England überdauert Planierraupen und Kettensägen, so wie er seit Jahren immun ist gegen die Aufrüstung der Straße von Dover zu einer der am schwersten zu überwindenden Grenzen der Welt. Nach der Räumung ist vor der Räumung, das ist das Gesetz von Calais, und so geht der Afghane mit dem faltigen Gesicht einfach hinüber, in den neuen Jungle.

Es ist nicht die einzige provisorische Siedlung. Auch hinter dem verlassenen Hovercraft- Terminal bieten die Dünen weiterhin Unterschlupf für Gestrandete. Hazara-Jungle heißt der Streifen im lokalen Idiom, begrenzt von einem seltsam idyllischen Strand und der Straße, die den von grellweißen Zäunen umgebenen Hafen mit der Stadt verbindet. Sechs junge Hasaren, Angehörige einer farsisprechenden Minderheit in Zentralafghanistan, haben sich seit zwei Wochen dort niedergelassen. Seither findet in den Dünen ein makabres Katz- und Mausspiel statt: Beinahe jede Nacht, sagt der 28-jährige Ahmadi, bekommen sie Besuch von fünf oder sechs Polizeiwagen. Die Beamten decken das Areal in den Dünen mit Tränengas ein, zerstören die Zelte, nehmen die Schlafsäcke mit und stecken die unsanft Geweckten für den Rest der Nacht in eine Zelle. Am nächsten Tag werden sie freigelassen, kehren zurück in ihren Jungle und beginnen erneut, aus Planen, Paletten und Absperrgittern einen Unterschlupf zu zimmern. Nur hundert Meter vom neu errichteten Lager entfernt finden sich die Überbleibsel des vorigen. Reste eines Stuhls, verkohltes Holz, zertretenes Plastik. Seit Jahren können die Migranten von Calais davon ein Lied singen. Die, die erst im Herbst gekommen sind, kennen kein anderes. Die Frequenz der Einsätze hat massiv zugenommen.

Der Ort, an dem all diese Geschichten erzählt werden, liegt im heruntergekommenen Hafenviertel in Sichtweite der Fährterminals. Auf einem geräumigen Hof, den die Stadt ihnen zur Verfügung stellt, verteilen Hilfsorganisationen dreimal am Tag Mahlzeiten. Wie überall in Calais kreuzen Polizeistreifen hinter dem Zaun. Während der Essensausgabe belassen sie es bei Blicken, so ist es mit der Bürgermeisterin abgesprochen.

Zeit zum Durchatmen für Hamid und Ajmal. Die beiden 16-Jährigen wohnten im zerstörten Jungle. Seither schlafen sie unter Brücken, wenn sie nicht, wie gestern, von der Polizei mit Tritten geweckt und ihre Decken mit Wasser begossen werden. An eine Nacht auf der Wache eine Stunde von Calais entfernt haben sie sich inzwischen gewöhnt. Brauchen sie für den Rückweg zu lange, verpassen sie eine Mahlzeit. Kein Wunder, dass sie auf kältere Temperaturen warten: Ab zwei Grad unter null nämlich stellt eine städtische Schule ihre Turnhalle zur Verfügung.

Viele Minderjährige

Es sind unter anderem die vielen Minderjährigen, die Maureen McBrien nach Calais brachte. Bereits seit dem Sommer unterhält das UNHCR, das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen, eine Niederlassung in der Stadt. Seit dem Herbst wird sie von der Amerikanerin geleitet. 14 Jahre lang zog McBrien durch Flüchtlingscamps in Kriegsgebieten wie Kongo, Ruanda und Kosovo. Die Zustände in Calais hält sie für "schlimmer, als ich sie irgendwo anders gesehen habe".

Weil die Transitmigranten nach England wollen, stellt niemand in Frankreich einen Antrag auf Asyl. "Daher haben sie kein Recht auf staatliche Hilfe. Die einzige Unterstützung kommt hier aus der Zivilgesellschaft." Maureen Mc Brien und ihr Assistent besuchen daher die Camps der Umgebung, um Informationen zum Asylverfahren in Frankreich zu geben. Trotzdem geht ein Lachen über ihr Gesicht, als sie bei der Mittagsausgabe die Nachricht der letzten Nacht vernimmt: Drei Jugendliche haben es hinüber nach England geschafft. Der älteste ist 14, der jüngste 11.

Denen, die in dieser Nacht in einer verlassenen Schreinereihalle am Rand des Zentrums um das Feuer sitzen, steht dieser Schritt noch bevor. African Squat wird das riesige Gebäude genannt, denn die rund 30 Bewohner kommen aus dem Sudan, Eritrea und Somalia. Das Tor lässt sich nicht mehr schließen, es gibt keine Elektrizität, und brauchbares Feuerholz wird ein knappes Gut im feuchten Ärmelkanal-Winter. Zwei Tage zuvor saß Steven noch hier, ein eloquenter 23-Jähriger, der wie die meisten Sudanesen aus Darfur kommt. In knapp drei Wochen hatte er eine Handvoll Versuche unternommen, auf eine Fähre zu gelangen. Vergeblich. Während er seine Socken am Feuer trocknete, erzählte er von den Fluchtplänen, die jeder für sich alleine schmiede. "Jederzeit kann jemand einfach verschwinden. Vielleicht wollte er nur kurz raus in die Stadt, und wir sehen ihn nie wieder." Kurz darauf wurde Steven selbst zum letzten Mal gesehen.

Sunday 3 January 2010

Falsche Flagge?

Die offiziellen Darstellungen zum mißglückten Attentat in US-Flugzeug sind voller Widersprüche und Ungereimtheiten

Von Rainer Rupp


Bei dem angeblichen Terroranschlag des nigerianischen Unterhosenbombers Umar Farouk Abdulmutallab auf dem North­west-Flug 253 von Amsterdam nach Detroit am 25. Dezember 2009 hatten nicht wenige Beobachter ein Déjà vu: Alles schon mal erlebt. Tatsächlich spricht vieles für eine Operation unter falscher Flagge. Die Geschichte der US-Militärinterventionen rund um die Welt ist nachweislich von Verschwörungen geprägt.

Kriegsvorwände

Immer wieder sind US-Regierungen dabei ertappt worden, daß sie mit »false-flag«-Anschlägen und -Angriffen die Stimmung in der US-Öffentlichkeit erfolgreich manipulierten, um strategische Ziele durchzusetzen. Einige bekannte Beispiele: Die Explosion des US-Schlachtschiffs Maine 1898 im Hafen von Havanna, die den Anlaß für den Krieg der USA gegen Spanien lieferte; der sogenannte Zwischenfall in der Bucht von Tongking 1964, der den US-Angriff auf Nordvietnam legitimierte; der Plan der Bush-Administration, ein Flugzeug mit UN-Markierungen über dem Irak abzuschießen, um die Tat Saddam Hussein in die Schuhe zu schieben. Das sind Tatsachen, keine Theorien. Viel spricht dafür, daß auch der in Detroit festgenommene Nigerianer und seine zur »jemenitischen Al-Qaida« hochgejubelte Gruppe verrannter islamistischer Extremisten von einem der inzwischen 16 US-Geheimdienste unter falscher Flagge »geführt« wurde.

Von Interesse ist vor allem die Re­gion, aus der Abdulmutallab stammt. Die USA beziehen inzwischen ein Fünftel ihrer Ölimporte aus Nigeria und anderen westafrikanischen Ländern. Sogenannte Terrorismus-Experten behaupten derzeit in den westlichen Medien, es sei wichtig, daß US-Militär diesen Staaten im »Kampf gegen Al-Qaida« zu Hilfe komme. Bequemerweise reklamiert nun eine angebliche Al-Qaida Filiale im Jemen die Verantwortung für das mißglückte Attentat und serviert damit den US-Strategen den seit langem gesuchten Vorwand, in dem Land auf der Arabischen Halbinsel, das den Zugang zum Roten Meer kontrolliert, zu intervenieren.

Ein Déjà vu bereiten auch die zahlreichen Unstimmigkeiten und Widersprüche in den offiziellen Darstellungen der Vorgänge beim Flug 253. Dazu gehört z.B. das außerordentliche offizielle Desinteresse an dringenden und ernstzunehmenden Warnungen im Vorfeld des Anschlags. Gleiches gilt für ungewöhnliche Beobachtungen unabhängiger Tatzeugen. Das erneute angebliche Versagen der US-Geheimdienste paßt auffällig ins Muster. Ihnen waren alle persönlichen Daten des afrikanischen Studenten lange vorher bekannt. Und schließlich: Die Tatsache, daß der Anschlag mißglückte, ist ebenfalls eine Wiederholung von schon einmal Erlebtem. Ungewöhnlich ist diesmal lediglich, daß Al-Qaida prompt die Verantwortung für einen eklatanten Fehlschlag übernommen haben soll. Vor allem aber wird das vorgeführte Debakel der US-Geheimdienste dazu genutzt, um für sie noch mehr Machtbefugnisse und Geld zu fordern.

Ähnlichkeiten

Nach anfänglichem Leugnen hat die CIA inzwischen eingestanden, daß sie bereits seit August erste Warnungen erhalten hatte. Einen Monat vor dem Flug verfügte sie auch über den Namen und sogar die Paßnummer des Nigerianers, nachdem Abdulmutallabs Vater, ein ehemaliger Minister und einflußreicher Banker, im November in der US-Botschaft in Nigeria den dortigen CIA-Vertreter vor den terroristischen Absichten seines Sohnes bei dessen bevorstehender USA-Reise gewarnt hatte. Der Geheimdienst war somit informiert, daß der Sohn zu einem religiösen Fanatiker geworden war, der sich seit dem Sommer mehrere Monate in einem Ausbildungslager im Jemen aufgehalten hatte. Daraufhin, so CIA-Sprecher Paul Gimigliano in der New York Times vom 30. Dezember, habe die Agency alle betroffenen US-Behörden informiert, um sicherzustellen, daß Abdulmutallab »auf die Terroristenliste der US-Regierung gesetzt würde«. Was nicht geschah.

Nach geltender US-Antiterrorprozedur wird laut New York Times jeder Passagier, der sein Flugticket wie Abdulmutallab bar bezahlt und nur mit Handgepäck den Flug antritt, vor dem Start mit besonderer Sorgfalt untersucht. Obwohl alles in diesem Fall zutraf, passierte nichts. Die Tatsache, daß der Name des Studenten nicht auf der US-Flugverbotsliste stand, kann bei dem von Hysterie gespeisten immensen Aufwand, den die USA bei Terrorverdacht treiben, kaum ein Versehen gewesen sein. Vielmehr sind die Ähnlichkeiten zu den Anschlägen vom 11.September 2001 frappierend. In deren Vorfeld hatten drei regionale FBI-Teams der Antiterrorabteilung unabhängig voneinander Wind von der Sache bekommen, ihre weiteren Nachforschungen waren aber auf Anweisung von oben gestoppt worden. Auch die Tatsache, daß Abdulmutallabs Sprengsatz nicht explodierte, sondern nur eine Art Verpuffung produzierte, erinnert an den ersten Anschlag 1993 auf das New Yorker World Trade Center. Wie sich später bei der Gerichtsverhandlung herausstellte, war die »islamistische Terrorgruppe« komplett vom FBI unterwandert. Die Behörde besorgte sogar die Sprengsätze. Anstatt zu explodieren, qualmten sie nur, was aber auch zum Tod etlicher Unbeteiligter führte.

Siehe hierzu die detaillierte Beweisführung des Autors in dem Band: Das Schweigekartell. Fragen und Widersprüche zum 11. September. Kai Homilius Verlag, Berlin 2002

Saturday 2 January 2010

Klingt das vertraut?

English follows German
Vor dreissig Jahren marschierte die Sowjetarmee in Afghanistan ein. Die Besetzung dauerte zehn Jahre – der Versuch, eine säkulare Regierung zu etablieren, scheiterte. Nun wiederholt sich die Geschichte.

«Sie haben Russen erschossen», erzählte mir der junge Fallschirmspringer. Es war kalt. Ich traf in der Nähe von Charikar, nördlich von Kabul, auf seinen Verband, die 105. sowjetische Luftlandeeinheit. Er hatte eine verletzte Hand. Das Blut sickerte durch den Verband und befleckte den Ärmel seines Kampfanzugs. Er war noch fast ein Teenager, mit hellem Haar und blauen Augen. Neben uns im Graben lag ein sowjetischer Transportlaster auf dem Dach, die Rückseite völlig zerstört, zerfetzt von einer Mine.

Unter Schmerzen zeigte der junge Mann mit der Hand in Richtung der Berggipfel, über denen ein sowjetischer Helikopter kreiste. Wer hätte damals gedacht, dass wir beinahe dreissig Jahre später wegen des ehemaligen US-Präsidenten George Bush und des früheren britischen Premiers Tony Blair im selben Soldatengrab landen würden? Oder dass ein junger schwarzer US-Präsident genau dieselben Fehler machen würde wie damals die Russen?

In den Wochen nach ihrem Einmarsch in Afghanistan an Weihnachten 1979 beobachtete ich die Sowjetarmee bei ihrem «staged surge», ihrem inszenierten Befreiungszug. Ich sah, wie sie Kabul und die grössten afghanischen Städte einnahm, aber die riesigen Berg- und weiten Wüstengebiete den «Terroristen» überliess. Die Sowjetarmee kündigte an, die afghanische Armee ausbilden zu wollen, und beharrte darauf, eine säkulare, nichtkorrupte Regierung stützen zu können und so der Bevölkerung Sicherheit zu bieten. Klingt das vertraut?

Langer, langer Krieg

Victor Sebestyen, Autor eines Buchs über den Fall des Sowjetimperiums, hat viel über die Zeit kurz nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee geschrieben. Dabei zitierte er auch aus der Rede, die General Sergei Achromejew, damals Kommandant der sowjetischen Streitkräfte, 1986 vor dem sowjetischen Politbüro hielt: «Jeder Fussbreit Land in Afghanistan war irgendwann von unseren Soldaten besetzt. Trotzdem bleibt ein grosser Teil des Gebiets in den Händen der Terroristen. Wir kontrollieren die Provinzzentren, aber wir können die Kontrolle über die eroberten Gebiete nicht behaupten.»

Sebestyen schreibt auch, dass Achromejew damals zusätzliche Truppen verlangte – ohne die der Krieg in Afghanistan noch «sehr, sehr lange» dauern würde. Klingt das vertraut? «Unsere Soldaten trifft keine Verantwortung. Sie haben unter schwersten Umständen unglaublich tapfer gekämpft. Aber in einem so weitläufigen Land, in dem die Widerstandskämpfer jederzeit in den Bergen untertauchen können, bringt es wenig, Städte und Dörfer nur kurzfristig zu besetzen.» Diese Aussage von Achromejew könnte genauso gut von einem US-amerikanischen oder britischen Kommandanten der heutigen Besatzungstruppen in Helmand stammen.

Ich habe zugesehen, wie die Tragödie in diesen trostlosen Monaten des Frühjahrs 1980 ihren Lauf nahm. In Kandahar skandierten die Menschen «Allahu akbar» von den Dächern ihrer Häuser und auf den Strassen ausserhalb der Stadt. Ich sprach mit Widerstandskämpfern der Mudschaheddin, den Taliban jener Zeit, die die sowjetischen Konvois bombardierten. Nördlich von Dschalalabad hielten sie gar einmal meinen Bus an. In den Mündungen ihrer Kalaschnikows steckten rote Rosen. Sie holten kommunistische StudentInnen aus dem Fahrzeug, und ich wagte es nicht, mir über deren weiteres Schicksal Gedanken zu machen. Es wird sich kaum von jenem unterschieden haben, das regierungsfreundlichen afghanischen StudentInnen droht, wenn sie heute den Taliban in die Hände fallen. Kurz zuvor hatten die Mudschaheddin – die «Lieblingsfreiheitskämpfer» des damaligen US-Präsidenten Ronald Rea­gan – eine Schule zerstört, weil dort auch Mädchen ausgebildet worden waren. Die verbrannten Leichen des Schulvorstehers und seiner Frau baumelten an einem Baum.

Und schon damals erzählten auch die AfghanInnen die wildesten Geschichten: So wurden politische Gefangene heimlich aus dem Land geschafft und in der Sowjetunion gefoltert. Klingt das vertraut?

Leere Versprechen

In Kandahar hatte mich ein Ladenbesitzer auf der Strasse angesprochen, ein gebildeter Mann um die fünfzig, der einen Pullover nach europäischer Mode und einen afghanischen Turban trug. Ich besitze noch immer meine Gesprächsnotizen. «Jeden Tag verspricht uns die Regierung, dass die Lebensmittelpreise sinken werden», erzählte der Mann. «Jeden Tag versuchen sie uns weiszumachen, dass nun dank der Sowjetunion alles besser werde. Aber das ist nicht wahr.» Die Regierung sei nicht einmal in der Lage, die Strassen zu kontrollieren. «Sie kann sich nur in den Städten halten.» Die Mudschaheddin, sagte der Mann, würden Helmand heimsuchen und sich völlig frei über die pakistanische Grenze bewegen – genau wie die Taliban heute.

Und vielleicht sollte jemand einmal den jungen US-SoldatInnen, die die Drohnen kontrollieren, die heute regelmässig in Pakistan Angriffe fliegen, ein paar vertraute Geschichten erzählen: etwa die von Anang 1980, als ein sowjetischer Kampfjet über pakistanisches Gebiet flog, um dort die Guerilla anzugreifen, und wie die pakistanische – und natürlich auch die US-amerikani­sche – Regierung das als eklatante Verletzung der pakistanischen Souveränität verurteilten. Oder über das Schicksal früherer sowjetischer Soldaten, die ich vor einigen Jahren in Moskau traf und von denen viele inzwischen den Drogen verfallen sind oder die bis heute unter einer posttraumatischen Belastungsstörung durch ihre Kriegserlebnisse leiden.

Kabul 30 years ago, and Kabul today. Have we learned nothing?



Robert Fisk: 'Terrorists' were in Soviet sights; now they are in the Americans'.

I sit on the rooftop of the old Central Hotel – pharaonic-decorated elevator, unspeakable apple juice, sublime green tea, and armed Tajik guards at the front door – and look out across the smoky red of the Kabul evening. The Bala Hissar fort glows in the dusk, massive portals, the great keep to which the British army should have moved its men in 1841. Instead, they felt the king should live there and humbly built a cantonment on the undefended plain, thus leading to a "signal catastrophe".

Like automated birds, the kites swoop over the rooftops. Yes, the kite-runners of Kabul, minus Hollywood. At night, the thump of American Sikorsky helicopters and the whisper of high-altitude F-18s invade my room. The United States of America is settling George Bush's scores with the "terrorists" trying to overthrow Hamid Karzai's corrupt government.

Now rewind almost 29 years, and I am on the balcony of the Intercontinental Hotel on the other side of this great, cold, fuggy city. Impeccable staff, frozen Polish beer in the bar, secret policemen in the front lobby, Russian troops parked in the forecourt. The Bala Hissar fort glimmers through the smoke. The kites – green seems a favourite colour – move beyond the trees. At night, the thump of Hind choppers and the whisper of high-altitude MiGs invade my room. The Soviet Union is settling Leonid Brezhnev's scores with the "terrorists" trying to overthrow Barbrak Karmal's corrupt government.

Thirty miles north, all those years ago, a Soviet general told us of the imminent victory over the "terrorists" in the mountains, imperialist "remnants" – the phrase Kabul communist radio always used – who were being supported by America and Saudi Arabia and Pakistan.

Fast forward to 2001 – just seven years ago – and an American general told us of the imminent victory over the "terrorists" in the mountains, the all but conquered Taliban who were being supported by Saudi Arabia and Pakistan. The Russian was pontificating at the big Soviet airbase at Bagram. The American general was pontificating at the big US airbase at Bagram.

This is not déjà-vu. This is déjà double-vu. And it gets worse.

Almost 29 years ago, the Afghan "mujahedin" began a campaign to end the mixed schooling of boys and girls in the remote mountain passes, legislation pushed through by successive communist governments. Schools were burned down. Outside Jalalabad, I found a headmaster and his headmistress wife burned to death. Today, the Afghan Taliban are campaigning to end the mixed schooling of boys and girls – indeed the very education of young women – across the great deserts of Kandahar and Helmand. Schools have been burned down. Teachers have been executed.

As the Soviets began to suffer more and more casualties, their officers boasted of the increasing prowess of the Afghan National Army, the ANA. Infiltrated though they were by the "mujahedin", Moscow gave them newer tanks and helped to train new battalions to take on the guerrillas outside the capital.

Fast forward to now. As the Americans and British suffer ever greater casualties, their officers boast of the increasing prowess of the ANA. Infiltrated though they are by the Taliban, America and other Nato states are providing them with newer equipment and training new battalions to take on the guerrillas outside the capital. Back in January of 1980, I could take a bus from Kabul to Kandahar. Seven years later, the broken highway was haunted by "mujahedin" fighters and bandits and the only safe way to travel to Kandahar was by air.

In the immediate aftermath of America's arrival here in 2001, I could take a bus from Kabul to Kandahar. Now, seven years later, the highway – rebuilt on the express instructions of George W but already cracked and swamped with sand – is haunted by Taliban fighters and bandits and the only safe way to travel to Kandahar is by air.

Throughout the 1980s, the Soviets and the ANA held the towns but lost most of the country. Today, America and its allies and the ANA hold most of the towns but have lost the southern half of the country. The Soviets secretly sent another 9,000 troops to join their 115,000-strong occupation force to fight the "mujahedin". Today, the Americans are publicly sending another 7,000 troops to join their 55,000-strong occupation force to fight the Taliban.

In 1980, I would sneak down to Chicken Street to buy old books in the dust-filled shops, cheap and illegal Pakistani reprints of the memoirs of British Empire officers while my driver watched anxiously lest I be mistaken for a Russian. Last week, I sneaked down to the Shar Book shop, which is filled with the very same illicit volumes, while my driver watched anxiously lest I be mistaken for an American (or, indeed, a Brit). I find Stephen Tanner's Afghanistan: A Military History From Alexander The Great To The Fall Of The Taliban and drive back to my hotel through the streets of wood-smoked Kabul to read it in my ill-lit room.

In 1840, Tanner writes, Britain's supply line from the Pakistani city of Karachi up through the Khyber Pass and Jalalabad to Kabul was being threatened by Afghan fighters, "British officers on the crucial supply line through Peshawar... insulted and attacked". I fumble through my bag for a clipping from a recent copy of Le Monde. It marks Nato's main supply route from the Pakistani city of Karachi up through the Khyber Pass and Jalalabad to Kabul, and illustrates the location of each Taliban attack on the convoys bringing fuel and food to America's allies in Afghanistan.

Then I prowl through one of the Pakistani retread books I have found and discover General Roberts of Kandahar telling the British in 1880 that "we have nothing to fear from Afghanistan, and the best thing to do is to leave it as much as possible to itself... I feel sure I am right when I say that the less the Afghans see of us, the less they will dislike us".

Memo to the Americans, the Brits, the Canadians and the rest of Humpty Dumpty's men. Read Roberts. Read history.